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Langzeitprobleme nach bariatrischen Operationen - Was Sie dagegen tun können

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Langzeitprobleme nach bariatrischen Operationen
Was Sie dagegen tun können
von Dr. med. Thomas Köstler, Leitender Arzt Chirurgie, Spital Limmattal
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Unbestritten ist die Notwendigkeit bariatrischer Operationen zu einer nachhaltigen Gewichtsreduktion ab einem BMI von 35 kg/m2. Falls Sie unter einer Zuckerkrankheit leiden, macht es medizinisch Sinn, bereits ab einem BMI von 30 kg/m2 einen bariatrischen Eingriff in Betracht zu ziehen. Unbestritten ist auch, dass durch die erfolgte Gewichtsreduktion eines bariatrischen Eingriffes Ihre durchschnittliche Lebensspanne mindestens zehn Jahre erweitert und Ihre physische und psychische Lebensqualität verbessert wird.

Dennoch bergen sämtliche bariatrische Eingriffe auch gewisse Langzeitprobleme, die ein interdisziplinäres Management nötig machen. Eine enge Zusammenarbeit der verschiedenen Disziplinen (Innere Medizin, Ernährungsberatung, Psychiatrie, Chirurgie) ermöglicht eine patientengerechte Therapie.

Im Folgenden sollen einige Probleme kurz erwähnt und aufgeführt werden, welche nach den verschiedenen bariatrischen Eingriffen im Langzeitverlauf auftreten können.

Gewichtsrebound

In der Regel verlieren Sie im Langzeitverlauf mit einer proximalen Magenbypassoperation zirka 60-70% Ihres Übergewichts, mit einer Magenschlauchoperation 50-60% Ihres Übergewichts. Hierbei handelt es sich um Durchschnittszahlen, im Einzelfall können Sie deutlich mehr oder aber auch deutlich weniger an Gewicht verlieren.

Ein gewisser Gewichtsrebound zwischen dem ersten und fünften Jahr nach Durchführung eines bariatrischen Eingriffes ist normal. Er wird vor allem dadurch erklärt, dass mit der Gewichtsreduktion, die nicht nur Fett- sondern auch Muskelmasse beinhaltet, Ihr Grundumsatz reduziert wird. Der Grundumsatz widerspiegelt den Energieverbrauch in Ruhe. Sie können Ihren Grundumsatz steigern, indem Sie sich sportlich betätigen und ihre Muskulatur aufbauen. Es kann aber auch sein, dass sich hinter einem starken Gewichtsrebound eine Fehlernährung verbirgt, die Sie mit Ihrer Ernährungsberatung therapieren sollten.

Wichtig ist aber, dass jeder Gewichtsrebound medizinisch abgeklärt wird. Denn auch Probleme im Zusammenhang mit dem operativen Eingriff können das Gewicht wieder ansteigen lassen. Nach Magenschlauchoperation kann sich der Magen in 10-15% der Fälle wieder ausdehnen, so dass die Nahrungsaufnahme wieder schneller und mit grösseren Essensportionen gelingt. Es ist auch möglich, dass sich nach Magenbypassoperationen die Verbindung zwischen Magen und Dünndarm massiv ausdehnt, so dass Sie keine Bremswirkung mehr beim Essen verspüren. Auch eine Verbindung zwischen Magenpouch und Restmagen, welche im Rahmen eines chronischen Geschwürleidens auftreten kann, kann zu einem Gewichtsrebound führen.

Auf jeden Fall braucht es eine bildgebende und endoskopische (Magenspiegelung) Abklärung, damit solche Ursachen ausgeschlossen werden können, denn diese lassen sich nur mit einem erneuten chirurgischen Eingriff behandeln.

 

Abdominale Schmerzen

Schwere abdominale Schmerzen sind nach Durchführung bariatrischer Eingriffe selten. Zeitweise auftretende Koliken von kurzer Dauer nach Nahrungsaufnahme sind normal und deuten auf eine Nahrungsmittelunverträglichkeit hin. Sollten allerdings rezidivierend, auch nahrungsunabhängig, schwerste abdominale Schmerzen auftreten, welche nicht nach einer halben Stunde bis eine Stunde spontan verschwinden, so sind diese auf jeden Fall abklärungsbedürftig.

Nach Magenbypassoperationen können Verwachsungsstränge eine häufigste Ursache sein. Diese Verwachsungen im Bauch können im schlimmsten Fall zu einem Darmverschluss führen. Verwachsungsstränge lassen sich chirurgisch problemlos behandeln.

Eine weitere Ursache schwerer abdominaler Schmerzen nach Magenbypassoperationen können auch innere Hernien sein. Die sogenannten Mesolücken, welche nach Magenbypassoperationen entstehen, werden in der Regel beim primären Eingriff zugenäht. Dennoch ist es möglich, dass diese Lücken im Zuge der Gewichtsreduktion wieder aufgehen, so dass sich der Darm verdrehen oder einklemmen kann. Eine solche Situation stellt einen medizinischen Notfall dar. Sie sollten sich in einem solchen Fall umgehend in ein bariatrisches Zentrum in medizinische Behandlung begeben. Wird diese Einklemmung frühzeitig operiert, treten keine Folgeschäden auf.

Falls Sie unter chronischen Schmerzen im Bereich des Oberbauches leiden, kann sich sowohl nach Magenbypassoperation aber auch nach Magenschlauchoperation ein Magengeschwür dahinter verbergen. In der Regel lassen sich solche Geschwüre medikamentös behandeln. Eine Reoperation ist nur selten notwendig. Kolikartige Schmerzen im rechten Oberbauch mit Ausstrahlung in den Rücken deuten auf ein Gallensteineleiden hin. Gallensteine treten gerne nach Gewichtsreduktion auf, und sollten mit einer Entfernung der Gallenblase behandelt werden. Die operative Entfernung der Gallenblase ist in der Regel ein einfacher, komplikationsloser Eingriff.

 

Blähungen

Blähungen treten vor allem nach Magenbypass-Operationen auf. Bis zu einem gewissen Grad lassen sie sich nicht vermeiden. Allerdings werden Sie häufig durch Nahrungsmittel-Unverträglichkeiten verursacht. Solche können zum Beispiel eine Laktoseintoleranz sein (Unverträglichkeit gegenüber Milchprodukten) oder eine neu auftretende Fructoseintoleranz (Unverträglichkeiten gegenüber Fruchtzucker). Auch kann eine zu fetthaltige Ernährung zu rezidivierenden Blähungen führen, da Magenbypassoperationen eine Veränderung der Darmbakterienzusammensetzung zur Folge haben. Bei störenden Blähungen sind eine fachspezifische Abklärung bei einem Ernährungsmediziner, einem Magendarmspezialisten und eine Ernährungsberatung indiziert.

 

Chronisches Erbrechen

Nicht-willentlich herbeigeführtes chronisches Erbrechen nach bariatrischen Operationen muss abgeklärt werden. Nach Magenbypassoperationen kann es sein, dass es zu einer Verengung der Verbindung des Magens zum Dünndarm gekommen ist. Diese Problematik lässt sich problemlos mit einer Magenspiegelung diagnostizieren und behandeln. Auch kann es sein, dass Verwachsungsstränge im Bauch zu rezidivierendem Erbrechen führen. In diesem Fall lässt sich das Problem mit einem chirurgischen Eingriff problemlos beheben.

Nach Magenschlauchoperationen ist chronisches Erbrechen etwas häufiger. Ursächlich können Vernarbungen und Knickbildungen des Magenschlauches sein. In diesem Fall ist eine Abklärung mittels Röntgen und Magenspiegelung unerlässlich. Allenfalls ist eine Umwandlung des Magenschlauches in einer Magenbypass-Operation indiziert.

 

Sodbrennen

Sodbrennen tritt nach Magenbypass-Operationen selten auf. Etwas häufiger tritt es nach Magenschlauchoperationen auf. In diesem Fall ist es wichtig, dass Sie abklären lassen, ob es sich um einen sauren Reflux oder um einen Nahrungsreflux handelt. Sollte es sich um einen sauren Reflux handeln, sollten Sie Ihre Ernährung anpassen (Nikotinstopp, keine hochprozentigen alkoholischen Getränke). Eine medikamentöse Therapie mit Säureblockern kann hilfreich sein. Sollten diese Massnahmen nicht zu einer Verbesserung der Symptomatik führen, muss eine Umwandlung des Magenschlauches in eine Magenbypassoperation diskutiert werden. In der Regel verschwindet die Refluxsymptomatik (Sodbrennen) nach Magenbypass-Operationen.

 

Dumping

Dumpingsymptome treten in der Regel nach Magenbypass-Operationen auf. Nach Magenschlauch-Operationen sind sie äusserst selten. Unter dem sogenannten Spätdumping verstehen wir eine Unterzuckerung, welche klassischerweise eine halbe Stunde bis eine Stunde nach Nahrungsaufnahme auftritt. Paradoxerweise tritt diese Unterzuckerung dann auf, wenn Sie eine zu hohe Menge an Kohlenhydraten (Zucker) zu sich nehmen. Es kommt zu einer Überregulation des Körpers, welche zum starken Abfall des Zuckers führt. Die typischen Symptome sind Müdigkeit, Abgeschlagenheit, Schwindel oder Zittern sowie Schweissausbrüche zirka 30 Minuten bis 1.5 Stunden nach Nahrungsaufnahme. Im schlimmsten Fall können diese Symptome auch bis zur Bewusstlosigkeit führen.

Dumpingsymptome sollten interdisziplinär abgeklärt werden. Sie müssen ein Ernährungsprotokoll führen. Ihre Blutzuckerwerte werden dann über mehrere Tage gemessen. In Regel lassen sich die meisten Dumpingsymptome mit einer gezielten Umstellung der Ernährung (Verzicht auf einfache Kohlenhydrate) beheben. In wenigen Fällen ist eine zusätzliche medikamentöse Therapie (Acarbose, Liraglutide) indiziert. In äusserst seltenen Fällen sind Dumpingsymptome mit den oben beschriebenen Massnahmen nicht therapierbar, so dass ein zusätzlicher operativer Eingriff durchgeführt werden muss.

 

Mangelernährungen

Schwere Mangelernährungen nach proximalen Magenbypass- oder Magenschlauch-Operationen sind selten, sofern Sie sich an die für die Eingriffe erforderlichen fachärztlichen Nachkontrollen halten. In der Regel bekommen Sie nach der Operation Multivitaminpräpräparate und Kalziumtabletten, die Sie lebenslang einnehmen sollten. Die häufigen Eisen-, Vitamin B12- oder Vitamin D-Mängel lassen sich problemlos beheben.

Schwere Proteinmangelzustände treten nur nach malabsorptiven bariatrischen Eingriffen auf. Dazu gehören die biliopankreatische Diversion nach Scopinaro oder distale Magenbypass-Operationen. Es gibt allerdings Situationen, in denen ein malabsorptiver bariatrischer Eingriff für eine nachhaltige und genügende Gewichtsreduktion zwingend ist. Sollten Sie einen solchen Eingriff erhalten haben, sind die Nachkontrollen umso wichtiger, im Speziellen auch die Notwendigkeit einer Nahrungsaufnahme mit hohem Proteingehalt. Eiweissmangelzustände können gefährlich sein und müssen umgehend therapiert werden.

 

Durchfälle/Steatorrhoe

Chronische Durchfälle nach einer Magenschlauch-Operation sind eine Rarität. Etwas häufiger kommen sie nach Magenbypass-Operationen vor. Der häufigste Grund für chronische Durchfälle ist eine bakterielle Infektion des Dünndarms, welche sich mittels Analyse Ihrer Stuhlbakterien nachweisen und medikamentös behandeln lässt.

Eine weitere Ursache können Nahrungsmittelunverträglichkeiten sein, beispielsweise eine Laktose- oder Fructoseintoleranz. Ein zusätzlicher Grund für Durchfälle sind Steatorrhoen. Diese treten vor allem nach distalen Magenbypass-Operationen auf, sofern Sie zu wenig Proteine und zu viel Fett mit der Nahrung aufnehmen. In diesen Fällen kann es zu übelriechenden, lehmfarbenen Stuhlgängen kommen. Auch diese Symptomatik lässt sich durch eine konsequente Umstellung der Ernährung in der Regel behandeln. In seltenen Fällen ist in solchen Situationen mit einer Reoperation zur Änderung der Dünndarmschenkellängen notwendig.

Zusammenfassend können die meisten Langzeitprobleme nach bariatrischen Operationen diagnostiziert und im interdisziplinären Team behandelt werden. Umso wichtiger ist es, dass Sie sich fachmännisch von Spezialisten aus den verschiedensten Disziplinen (Innere Medizin, Gastroenterologie, Psychiatrie, Ernährungsberatung, Chirurgie) beraten lassen. Die Fachärzte der verschiedenen Disziplinen sollten sehr eng miteinander kommunizieren und arbeiten, so dass in beschriebenen Fällen, ein optimaler Therapiepfad aufgestellt werden kann.

Dr. med. Thomas Köstler

Leitender Arzt Chirurgie, Spital Limmattal
FMH Chirurgie, Schwerpunkttitel Allgemeine Chirurgie/Traumatologie und Viszeralchirurgie
Leiter Bariatrienetzwerk Spital Limmattal
Urdorferstrasse 100
CH-8952 Schlieren
Telefon +41 44 733 11 11

 

Modernste Bariatrie im Spital Limmattal

Das Bariatrische Zentrum des Spitals Limmattal ist eines der führenden interdisziplinären Zentren der Übergewichtsbehandlung in der Schweiz. Jährlich werden hier über 1‘000 Patienten behandelt und rund 300 Operationen in der Schlüssellochtechnik durchgeführt. Das Zentrum besitzt die höchste Einstufung der Fachgesellschaft sowie den Leistungsauftrag für hochspezialisierte Medizin zur Durchführung von komplexen Wiedereingriffen.

 

Führend in Magenbypass-Operationen

Das Bariatrische Zentrum hat sich zudem auf eine ausgedehnte Forschungstätigkeit spezialisiert, auch zur Evaluation aktuellster operativer Methoden. Das Spital Limmattal ist das erste Spital in der Schweiz, welches zurzeit eine Vergleichsstudie zwischen dem bekannten Magenbypass und neueren Magenbypass-Techniken (Omega-Bypass) durchführt.

 

Die Abklärung und Behandlung des Übergewichts sowie dessen Folgeerkrankungen wie Bluthochdruck, Atemprobleme, Zuckerkrankheit und Gefässverfettung (mit der Gefahr von Herzinfarkten) setzt ein hochspezialisiertes, eng zusammenarbeitendes Team voraus. Das Bariatrische Zentrum mit verschiedenen Ärzten und paramedizinischen Experten (zum Beispiel Ernährungs- und Diabetesspezialisten sowie Physiotherapeuten) behandelt den Patienten individuell unter Berücksichtigung sämtlicher medizinischer, sozialer und persönlicher Aspekte. Nach der Operation wird eine mehrjährige enge Betreuung durch das Spezialisten-Team in Zusammenarbeit mit den Hausärzten gewährleistet.

 

Als Schwerpunktspital mit Ausbildungsauftrag übernimmt das Spital Limmattal die medizinische Grundversorgung von jährlich über 81'000 Patientinnen und Patienten. Es verfügt über 200 Betten im Akutbereich und 126 Betten in der Langzeitpflege. 1’400 Mitarbeitende erbringen täglich vielfältige und qualitativ hochstehende Leistungen. Zurzeit entsteht der Bau des neuen Spitals, das Ende 2018 bezugsbereit ist.

 

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Spital Limmattal

 

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